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koje

8.12.2025
Vorarlberg
Der Topf blubbert leise. Drei Jugendliche schneiden Paprika, zwei decken den Tisch. Ein Mädchen stellt eine Schüssel mit Obst in die Mitte. Für manche ist das gemeinsame Kochen im Jugendtreff die einzige warme Mahlzeit des Tages. Kurz darauf füllt sich der Raum mit Stimmen und Lachen – mit Alltag, Begegnung und Vertrauen.
Was wie ein gewöhnlicher Nachmittag aussieht, steht für eine wachsende Herausforderung: Immer mehr Jugendliche in Vorarlberg erleben Hunger – nicht als Ausnahme, sondern als Teil ihres Alltags.
Eine aktuelle Befragung von 23 Einrichtungen der Offenen Jugendarbeit zeigt ein deutliches Bild:
In den meisten Jugendtreffs fällt auf, dass junge Menschen regelmäßig hungrig kommen – in vielen wöchentlich, in manchen sogar täglich. Dabei beobachtet die Hälfte aller Einrichtungen, dass sich die Situation in den letzten Jahren verschlechtert hat.
Die Gründe sind vielfältig: gestiegene Lebensmittelpreise, knappe Haushaltsbudgets, fehlende gemeinsame Essenszeiten zu Hause. Jugendliche greifen aus Not zu Fertigprodukten oder Energydrinks – schnell verfügbar, aber selten gesund.
Die Einrichtungen der Offenen Jugendarbeit reagieren längst auf dieses Problem. Sie schaffen Räume, in denen Essen mehr ist als Versorgung: Es wird zum Schlüssel für Beziehung, Bildung und Teilhabe.
Fast überall wird regelmäßig gekocht. Jugendliche bereiten Mahlzeiten gemeinsam zu, lernen mit kleinem Budget einzukaufen, Rezepte auszuprobieren und Verantwortung zu übernehmen. In manchen Jugendhäusern gibt es feste Essenszeiten, in anderen spontane Kochaktionen – immer niedrigschwellig, freiwillig und gemeinschaftlich.
„Bei uns bleibt nie etwas übrig“, beschreibt ein Umfrageteilnehmer. „Etwa zehn Prozent der Jugendlichen kommen wirklich hungrig. Weitere zwanzig Prozent rechnen fest damit, bei uns zu essen. Doch wichtiger als das Sattwerden ist, was am Tisch passiert – hier entsteht Zugehörigkeit, Würde und Kompetenz.“
Die Angebote sind so vielfältig wie die Jugendlichen selbst:
Dabei verbinden die Jugendhäuser praktische Unterstützung mit pädagogischer Arbeit: Beim gemeinsamen Kochen lernen junge Menschen nicht nur, sich selbst zu versorgen, sondern auch Verantwortung zu übernehmen, Rollenbilder zu hinterfragen und Gleichberechtigung zu leben. Kochen wird so zu einem Lernfeld für Selbstständigkeit – und für ein respektvolles Miteinander.
Viele OJA-Standorte arbeiten eng mit Partner*innen zusammen: Hotels und Restaurants spenden Lebensmittel, Stiftungen unterstützen finanziell, die Tafel Österreich entlastet Budgets. Schulen, Gemeinden und lokale Betriebe beteiligen sich an gemeinsamen Projekten.
Aus diesen Kooperationen entsteht ein Netzwerk, das mehr leistet als akute Hilfe: Es schafft Perspektiven und stärkt das soziale Gefüge.
Die Offene Jugendarbeit schließt Lücken, wo sie entstehen – ohne zu stigmatisieren. Sie baut Kompetenzen auf, stärkt Gesundheit und fördert Teilhabe. Damit das so bleibt, braucht es verlässliche Unterstützung: gut ausgestattete Küchen, Mittel für regelmäßige Lebensmittel und eine langfristige Finanzierung von Ernährungsbildung.
Denn wo Jugendliche satt sind, entsteht Zukunft.
Erst essen – dann alles andere.
Titelbild (c) Verein Amazone

